Tempus, Modus und Modalverben in Notkers Psalmenbuch im Vergleich zu Luthers Psalmenübersetzung und zum neuhochdeutschen Psalter
DOI:
https://doi.org/10.58221/mosp.v115i1.6901Keywords:
Psalter, Tempus, Modus, Modalverben, Verbalkategorien, grammatischer WandelAbstract
Am Material des historischen und gegenwartssprachlichen Psalmenkorpus (Notkers Psalter, Luthers Psalmenübersetzung in der Redaktion von 1912 und moderne sog. Einheitsübersetzung) wird untersucht, wie die Formen des Tempus, Modus bzw. die Modalverbkonstruktionen bei der Wiedergabe der Zukunft interagieren und wie sich die Modalverbkonstruktionen bei der Kodierung der Vergangenheitsperspektive verhalten. Auf Systemebene wären die (genuin deontischen oder volitiven) Modalverben theoretisch gerade im Althochdeutschen, wo die morphologische Futurform fehlt, ein ideales Mittel zur Kodierung der prospektiven Funktion, insbesondere bei den Verben nichtterminativer Aktionsartklassen, gewesen. Nichtsdestoweniger entscheidet sich Notker in seiner Übersetzung am häufigsten für den Einsatz der Präsensformen des jeweiligen Grundverbs, selbst auf Kosten einer möglichen temporalen Ambiguität der jeweiligen Lesart. Die Modalverbfügungen erscheinen bei ihm in aller Regel lediglich in seinen eigenen Kommentaren und Erläuterungen zu seiner Übersetzung, welche in den Gesamttext integriert sind. Bei Luther und in der modernen Einheitsübersetzung werden dagegen nahezu durchweg die Modalverben verwendet, um die lateinischen Futurformen bzw. die Formen des Präsens Konjunktiv mit Zukunftsbezug wiederzugeben. Bei der Kodierung des Vergangenheitsbezugs fungieren die Modalverben dagegen nur als modale und nicht als temporale Signale. Die Analyse hat gezeigt, dass sich Notker im Haupttext des Psalters generell an die lateinische Sprachform hält, während Luther und die auf ihn folgenden Übersetzer die Möglichkeiten des deutschen Modalverbsystems nutzen, um eine genauere sinngemäße Entsprechung zu bewerkstelligen. Ferner hat sich bestätigt, dass die – overten wie koverten – Signale für Temporalität, Aspektualität bzw. Aktionsart und Modalität nicht autonom auftreten, sondern mehrfache kategoriale Schnittstellen bilden.
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